Von Martin Suchanek, Neue Internationale 291, Mai 2025
Gruppe ArbeiterInnenmacht
„Wir wollen Deutschland wieder an die Spitze bringen.“ So fasst Friedrich Merz den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD zusammen. Die neue Große Koalition muss zwar noch vom Parlament gewählt werden, aber ihre Bildung steht faktisch fest und bringt Friedrich Merz, langjährigen Vertreter des neoliberalen, sozial-konservativen und eng an den USA orientierten Flügels der CDU, an die Spitze der nächsten Regierung.
Dabei entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass gerade er es ist, der den deutschen Imperialismus in einer Periode der offenen Rivalität mit den USA anführen muss. Zugleich sollte sich niemand über dessen Entschlossenheit täuschen, den Herausforderungen des Trumpismus im Kampf um die Neuaufteilung der Welt zu begegnen. Auf „Make America Great Again“ antwortet die neue deutsche Regierung in Übereinstimmung mit der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen mit einem „Make Europe/Germany Independent Again“. Das Programm der Regierung Merz kommt dabei einem Generalangriff auf die Arbeiter:innenklasse und alle Unterdrückten gleich.
EU als imperialistischen Block stärken
Im Kampf um die Neuaufteilung der Welt sind die EU und Deutschland in den letzten Jahren gegenüber den USA und China, aber als Weltmacht auch gegenüber Russland zurückgefallen. Daher soll ein neuer Anlauf unternommen werden, die EU unter deutscher und französischer Führung fit für den globalen Konkurrenzkampf zu machen und ihre inneren Widersprüche zu überwinden.
Ob dies gelingt oder der Staatenbund am äußeren Druck und den Gegensätzen der Führungsmächte der EU zerbrechen wird, ob sie beispielsweise einem „Kerneuropa“ um Deutschland Platz machen wird, ist offen. Kurzfristig wird die EU Verhandlungen mit Trump führen, muss sich zugleich aber auch auf einen Handelskrieg mit ihnen vorbereiten, was auch dazu führt, dass man Freihandelskommen mit anderen Ländern und Regionen (Indien, Mercosur) forciert.
In jedem Fall müssen wir uns auf einen aggressiveren Kurs gefasst machen, der mit weitaus größerer Entschlossenheit verfolgt wird. Der neue Anlauf zur Formierung der EU als vereinheitlichter politischer, wirtschaftlicher und militärischer Block unter deutscher und französischer Führung bildet eine zentrale Achse der Politik der neuen Koalition, die eng mit ihren innenpolitischen Vorhaben verknüpft ist. Dieses lässt sich als Verbindung von Aufrüstung, Rassismus und selektiver Migrationspolitik und der Agenda 2030 zusammenfassen.
Aufrüstung und Militarisierung
Als Antwort auf die Erschütterung der transatlantischen Beziehungen unter Trump verabschiedete das deutsche Parlament das größte Aufrüstungsprogramm seit dem Zweiten Weltkrieg. 2024 betrug der Militäretat 71,75 Mrd. Euro (2,1 % des BIP). Er soll nun auf 3,5 % des BIP oder 120–150 Mrd. pro Jahr steigen. Hinzu kommen 800 Milliarden, die die EU für die Aufrüstung ihrer Mitgliedstaaten freimachen will.
Außerdem sollen die Wehrpflicht wieder eingeführt und mit Frankreich eine eigene europäische nukleare Bewaffnung vorangetrieben werden. Der Ausbau der Rüstungsindustrie soll auf allen Ebenen forciert werden, sei es durch EU-weite Kooperation zwischen Konzernen und Staaten, sei es durch Konversion von ziviler zur Rüstungsproduktion. Die Truppenstärke der Bundeswehr soll massiv vergrößert und so, wenn auch im Rahmen der NATO, die Grundlage für eine zukünftige EU-Armee gelegt werden. Begründet wird alles mit der veränderten internationalen Lage und der geostrategischen Ausrichtung der USA unter Trump. Nunmehr drohen dem „demokratischen“ Deutschland nicht nur Russland und China, sondern auch die USA als Rivalen und mögliche Feinde. Die transatlantische Allianz steht samt ihrer Institutionen zur Disposition. Und wie alle, die fürchten müssen, bei der Neuaufteilung der Welt zu kurz zu kommen, begründen die deutsche Regierung, ihre Verbündeten und die EU-Kommission ihr Programm zur eigenen politischen, ökonomischen und militärischen Stärkung als Akt der Selbstverteidigung gegen das Böse. Kaum eine Talkshow, kaum ein Leitartikel, kaum eine Erklärung aus der regierenden „Mitte“, in dem nicht versucht wird, uns aufzurütteln in dieser „Schicksalsstunde unserer Demokratie“. Von ökonomischen und geostrategischen imperialistischen Interessen Deutschlands hört man dabei natürlich nichts.
Investitionsprogramm für das Kapital
Das gigantische Aufrüstungsprogramm der CDU/CSU und SPD wird um ein nicht minder massives Paket zur Investition in die deutsche Infrastruktur ergänzt. Für die nächsten 10 Jahre wurde abseits der Budgets ein Sondervermögen von 500 Mrd. Euro geschaffen.
Die Koalitionsparteien werden dabei nicht müde, das Investitionsprogramm als Wohltat für alle zu präsentieren. In Wirklichkeit stützt es natürlich das deutsche Kapital und seine internationale Konkurrenzfähigkeit – einerseits als milliardenschweres Konjunkturprogramm, andererseits als Erneuerung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals und zur Erhöhung der Produktivkraft, was Verkehr, Kommunikation und IT-Infrastruktur betrifft.
Der Klassencharakter dieser Maßnahmen springt ins Auge, wenn man betrachtet, wofür die „Modifikation“ der Schuldenbremse nicht gilt: für kommunale und soziale Ausgaben. 8 % des Verwaltungspersonals sollen abgebaut werden, nicht jedoch bei den Sicherheitsbehörden.
Während für Krieg und Kapital eine Billion losgeeist wird, soll die nächste Kürzungswelle bei den Leistungen für Geflüchtete und Erwerbslose, bei den Renten, Bildung, Kitas und Gesundheit folgen.
Rassismus, Abschiebungen, „regulierte Migration“
Im Koalitionsvertrag kündigen CDU/CSU und SPD massive Angriffe auf Migrant:innen und Flüchtlinge an. Das Asylrecht wird weitgehend abgeschafft, Grenzkontrollen werden verschärft, die Leistungen für Asylsuchende und Flüchtlinge drastisch gekürzt. Hinzu kommt, dass auch Migrant:innen, die über die deutsche Staatsbürger:innenschaft verfügen, droht, dass ihnen diese wieder entzogen werden kann, sollten sie sich z. B. der deutschen Staatsräson zur Unterstützung Israels widersetzen. Zugleich sollen hochqualifizierte Facharbeiter:innen und billig ausbeutbare Arbeitskräfte weiter angeworben werden, aber unter stetiger Rechtsunsicherheit, um sie noch leichter ausbeutbar zu machen. Diese rassistische Politik soll angeblich der extremen Rechten den Boden entziehen. In Wirklichkeit bereitet sie diesen auf. Vor allem aber vertieft sie gezielt die vorhandene Spaltung in der Arbeiter:innenklasse und unterminiert damit ihre Kampffähigkeit.
Agenda 2030
In der gesamten Großindustrie stehen Entlassungen, Rationalisierungen und Flexibilisierungen der Arbeitsbedingungen aus zwei Gründen an. Erstens muss das deutsche Kapital seine technologische Basis umwälzen und seine Konzerne im Konkurrenzkampf mit China und den USA neu aufstellen. Zweitens zeichnet sich keine wirkliche konjunkturelle Erholung ab. Das Investitionspaket und die Rüstungsausgaben sowie Steuergeschenke für die Unternehmen werden zwar einen konjunkturellen Effekt haben, zugleich verschärfen der Handelskrieg mit den USA und die zunehmende Blockbildung die strukturelle Krise der kapitalistischen Weltwirtschaft.
Kein Wunder also, dass der Angriff auf Errungenschaften der Arbeiter:innenklasse ein Kernmoment des Regierungsprogramms darstellt, das in der Agenda 2030 verdichtet ist, für die CDU/CSU und Unternehmer:innenverbände in den Wahlkampf trommelten.
So sollen z. B. die Wochenarbeitszeit weiter flexibilisiert und das Lieferkettengesetz abgeschafft werden. Ebenso steht eine massive Kürzung der Unterstützung für Langzeitarbeitslose und Arme (das sog. Bürger:innengeld) an. Vor allem aber werden Sanktionen gegen Arbeitslose verschärft und Gelder gestrichen, wenn sie nicht jeder Schikane der Behörden folgen. Das Renteneintrittsalter soll zwar nicht unmittelbar erhöht, dafür aber eine „Aktivrente“ eingeführt werden, so dass Rentner:innen zu geringeren Löhnen und steuerfrei weiter als flexible Arbeitskräfte beschäftigt werden können.
Massive Kürzungen und Privatisierungen drohen im Sozialbereich, bei Bildung, Schulen, Gesundheitsvorsorge und Pflege, die vor allem Frauen, LGBTIAQ-Personen, rassistisch Unterdrückte, Jugendliche und Rentner:innen treffen werden.
Gleichzeitig stellt die neue Koalition massive Steuererleichterungen für das deutsche Kapital in Aussicht. Unternehmen sollen ihre Investitionen zu 30 % abschreiben können und nach der Steuererklärung zurückerhalten. Die Unternehmensteuer soll gesenkt werden. Unter dem Label der „Entbürokratisierung“ sollen außerdem soziale und ökologische Vorschriften für die Unternehmen außer Kraft gesetzt werden.
Angriff auf demokratische Rechte
Dieser Generalangriff wird durch weitere Einschränkungen demokratischer Rechte ergänzt. Bereits in den letzten Jahren haben wir zunehmende Einschränkungen der Demonstrationsfreiheit und eine Ausweitung des Überwachungsapparates erleben können, doch die aktuelle Kriminalisierung der Palästinasolidarität und von Umweltaktivist:innen sind Vorboten weiterer Überwachungsmaßnahmen und einer verstärkten Tendenz zum Autoritarismus. Dabei darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass die Einschränkungen vor den Teilbereichen Halt machen. Vielmehr schaffen sie Präzedenzfälle, die genutzt werden können, um Gegner:innen der kommenden Regierungen und ihrer Agenda mundtot zu machen und Widerstand zu schwächen.
Hindernisse
Gewerkschaftsführungen und Betriebsräte in den großen Konzernen stimmen in den Chor der deutschen Vaterlandsverteidiger:innen ein, der aktuell von bürgerlichen Medien und Parteien angeführt wird. Unter ihrer Führung bilden die Gewerkschaften eine soziale Hauptstütze der neuen Regierung. Das Investitionsprogramm präsentieren sie als großen Erfolg ihrerseits, gegen die Aufrüstung haben sie keine grundlegenden Einwände. Allenfalls geht sie manchen linken Bürokrat:innen zu weit, während andere auf gut bezahlte Jobs der Rüstungsindustrie hoffen. Zum Rassismus schweigen sie. Nur beim Sozialen und bei Arbeiter:innenrechten gibt es Unzufriedenheit, doch das will man lieber wie in den Tarifrunden der letzten Jahre auf dem Verhandlungswege lösen als durch Streiks und Mobilisierungen. Somit bilden die Führungen der Gewerkschaften und der SPD, die eng miteinander verbunden sind, das Haupthindernis für den Abwehrkampf gegen Aufrüstung, Krieg, Rassismus und Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse innerhalb der organisierten Arbeiter:innenschaft.
Gleichzeitig fungieren die Politik der Großen Koalition und deren Unterstützung durch die Gewerkschaften als Brandbeschleuniger für das Wachstum der Rechten, das heißt vor allem der rechtspopulistischen AfD (Alternative für Deutschland). Bei den Wahlen erhielt die AfD 20,80 %, nun liegt sie in den Umfragen bei 24 % – Tendenz steigend.
Zugleich fungiert der Aufstieg der Rechten auch als Kitt für die Koalition. Jedes SPD-Mitglied, das gegen den Koalitionsvertrag stimmt (oder stimmen) wollte, jedes Gewerkschaftsmitglied, das von der Politik des ständigen „partnerschaftlichen“ Nachgebens die Schnauze voll hat, muss sich anhören, wie alternativlos das Bündnis der „Mitte“ wäre – nicht nur für den deutschen Imperialismus, sondern auch um eine CDU/CSU-AfD-Koalition zu verhindern. So entpuppt sich die sog. Brandmauer gegen die AfD vor allem als Brandmauer gegen den Kampf für soziale Verbesserungen, wenn nicht mit der Idee der „Einheit der Demokrat:innen“ gebrochen wird. Wie man bei der Abstimmung um Aufrüstung und Investitionsprogramm sehen konnte, so teilen die Grünen diese Sicht und auch die Regierungssozialist:innen aus Bremen und Mecklenburg-Vorpommern wollen sich ihrer „Verantwortung“ für das Vaterland im Bundesrat nicht entziehen und stimmten für Milliarden für die Bundeswehr.
Die entscheidende Frage besteht darin, wie wir eine Massenbewegung gegen den Generalangriff aufbauen können. Natürlich müssen wir dazu alle sektoralen, alle fortschrittlichen Teilkämpfe unterstützen, wo wir können. Aber gerade weil es sich bei Agenda 2030, Militarisierung und der internationalen Politik des deutschen Imperialismus um ein Gesamtpaket handelt, ist es notwendig, dieses auch als solches anzugreifen.
Oder um es anders zu verdeutlichen. Selbst größere tarifliche Kämpfe werden leicht und schnell an Grenzen stoßen, wenn die Streikenden kein Bewusstsein für die rassistische Spaltung der Klasse und für den imperialistischen Charakter der Aufrüstung entwicklen, wenn sie den Lügen der Regierung Glauben schenken, dass diese zur Verteidigung „unserer“ Demokratie und Freiheit notwendig wären.
Hier liegt eine zentrale politische Schwäche selbst jener Kräfte der Arbeiter:innenbewegung oder von sozialen Bewegungen, die den Regierungskurs des sozialen Kahlschlags ablehnen und bekämpfen wollen. Daher besteht eine wesentliche Aufgabe darin, den Gesamtzusammenhang des Angriffs in den Betrieben, Gewerkschaften, in der Linkspartei, an Unis und Schulen darzulegen, um gegen die ideologische Verblendung vorzugehen. Das ist untrennbar mit dem Kampf gegen die Regierungen auf allen Ebenen und die Arbeiter:innenbürokratie in Gewerkschaften und Großkonzernen verbunden, die selbst die Klasse an Staat und Kapital bindet.
Dazu reicht natürlich bloße Aufklärung und Bewusstseinsbildung nicht aus. Unsere Klasse lernt nicht primär im Seminarraum, sondern im Kampf. Aber was sie im Kampf lernt, hängt wesentlich davon ab, welche Politik, welches Programm, welche Theorie Revolutionär:innen und Klassenkämpfer:innen in diesen tragen. Daher ist der Aufbau einer klassenkämpferischen Basisbewegung gegen die Bürokratie unerlässlich und untrennbar verbunden mit dem Kampf für eine politische Alternative, für eine revolutionäre Arbeiter:innenpartei.
Einheitsfront und Kampfprogramm
Die Aufgabe aller klassenkämpferischen Kräfte in den Gewerkschaften, in der „radikalen“ Linken wie auch in der Linkspartei besteht daher auch darin darzulegen, wie der Widerstand gegen die nächste Regierung formiert werden kann. Eine Schlüsselrolle nehmen dabei jene kämpferischen Schichten der Arbeiter:innen und sozialen Bewegungen ein, die in den letzten Jahren immer wieder auf die Straße gegangen sind und auch in gewerkschaftlichen und sozialen Kämpfen eine militantere Position eingenommen haben, auch wenn sie selbst vom linken Reformismus geprägt sind. So können die Führungskrise der Klasse im Kampf gegen die Herrschaft des Elends zumindest ein Stück weit positiv aufgelöst und eine Kraft aufgebaut werden, die die Macht der Bürokratie herausfordern und eine Einheitsfront, die Einheit in der Aktion gegen die Regierung Merz in der Praxis erzwingen kann. Konferenzen wie „Gegenmacht im Gegenwind“ sollten nicht nur zur Diskussion, sondern vor allem auch zur Festlegung eines Kampfplans gegen die Bundesregierung dienen, zur Organisierung von Massendemonstrationen, Besetzungen und der Vorbereitung eines politischen Massenstreiks gegen den Generalangriff!
Dem Programm der Regierung müssen wir dabei ein Forderungsprogramm der Arbeiter:innenklasse entgegensetzen:
Nein zur Aufrüstung und Militarisierung! Keinen Euro, keinen Cent für die Bundeswehr! Nein zu allen Auslandseinsätzen, nein zum Einsatz der Bundeswehr in Osteuropa oder im Rahmen einer Ukraine-„Friedenstruppe“! Nein zu NATO, Bundeswehr oder einer EU-Armee!
Nein zu Rassismus und Abschiebungen, nein zur Festung Europa und allen Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen! Wiederherstellung des Asylrechts in Deutschland und der EU! Für offene Grenzen und volle Staatsbürger:innenrechte für alle, die hier leben! Organisierter Selbstschutz gegen rassistische und rechte Angriffe!
Nein zu allen Kürzungen und Verschlechterungen bei Renten, Bürger:innengeld und Mindestlohn! 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich! Mindesteinkommen von 1600 Euro/Monat für alle Arbeitslosen und Rentner:innen! Automatische Anpassung der Löhne, Gehälter, Renten und Sozialleistungen an die Preissteigerung!
Nein zu allen Entlassungen und Schließungen! Entschädigungslose Verstaatlichung aller Unternehmen, die mit Massenentlassungen oder Schließungen drohen! Reorganisation und Fortführung der Produktion unter Arbeiter:innenkontrolle!
Nein zu allen Steuergeschenken, Subventionen und Vergünstigungen fürs Kapital! Für ein massives Infrastrukturprogramm zum Ausbau des Gesundheitswesens, von Schulen und Unis, des öffentlichen Verkehrs im Interesse der Massen – finanziert durch die Besteuerung der Reichen und Vermögensbesitzer:innen und unter Arbeiter:innenkontrolle! Entschädigungslose Enteignung der großen Konzerne der Schlüsselindustrien, der Banken und Finanzinstitutionen, um eine ökologische Reorganisation der Produktion unter Arbeiter:innenkontrolle überhaupt zu ermöglichen.
Ein solches Programm kann und wird nie von einer bürgerlichen, parlamentarischen Regierung umgesetzt werden. Es kann nur durch die Arbeiter:innenklasse erkämpft werden, gegen die Regierung und durch eine Arbeiter:innenregierung, die sich auf direkt demokratische Kampforgane eines politischen Massen- oder Generalstreiks, auf Aktionskomitees und -räte in den Betrieben und Stadtteilen und auf Selbstverteidigungsorgane dieses Kampfes stützt.
Die Frage der Arbeiter:innenregierung mag in Zeiten der Defensive weit entfernt erscheinen. Doch der Generalangriff gegen Merz und Co. erfordert auch einen verallgemeinerten Abwehrkampf, den politischen Massenstreik bis hin zum Generalstreik. Und dieser würde nicht nur das Überleben der Regierung in Frage stellen, er würde auch die Machtfrage aufwerfen, also welche Klasse mittels welcher Institutionen herrscht. Grundsätzlich gibt es dann zwei Möglichkeiten – entweder wird die Regierung Merz durch eine andere bürgerliche ersetzt, oder aber die Arbeiter:innenklasse errichtet, gestützt auf ihre Kampforgane, eine eigene. Kräfte wie die Linkspartei mögen eventuell vereinzelte Abwehrkämpfe führen können, doch letzten Endes können sie nur erfolgreiche, dauerhafte Verbesserungen erkämpfen, wenn auch sie mit der Idee des Mitverwaltens des kapitalistischen Elends brechen. Ansonsten sind alle Organizing-Ansätze längerfristig zum Scheitern verurteilt, da es an politischer Alternative fehlt. Denn eine solche Konstellation würde nicht nur den Generalangriff stoppen – sie würde auch die Tür öffnen zum Kampf für eine sozialistische Umwälzung in Deutschland und für ein sozialistisches Europa.